Das Urteil wurde durch den bearbeitenen Rechtsanwalt Dr. Christian Knoche, gleichzeitig Vorstand des Vereins Anwälte für Aufklärung, bereitgestellt.
Ein hessischer Grundschullehrer erhielt eine disziplinarrechtliche Missbilligung, weil er im Sportunterricht gegen den damaligen Hygieneplan verstoßen haben soll. Sein Vergehen: er habe im Sportunterricht Übungen mit Körperkontakt durchgeführt. Daraufhin sprach die Schulleitung eine Missbilligung aus, welche in die Personalakte aufgenommen wurde. Das Verwaltungsgericht Kassel wies seine Klage ab und erklärte die Missbilligung für rechtmäßig, da die Abstandsregeln auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen würden und verhältnismäßig seien.
Der Anwalt des Klägers, Dr. Christian Knoche kommentiert den Fall wie folgt:
Das Verwaltungsgericht folgt in einem geradezu blinden Gehorsam den angeblichen Empfehlungen des RKI, statt selbst den Sinn und Zweck der Mindestabstände zu überprüfen. Im Juni 2024 wurde bekannt, dass sich der ehemalige US-Präsidentenberater und Direktor des Nationalen US-Instituts für infektiöse Krankheiten und Allergien (National Institute of Allergy and Infectious Diseases / NIAID) Dr. Anthony Fauci die Abstandsregeln nur ausgedacht hat (BZ 04.06.2024). Er gab zu, dass einige der von ihm eingeführten Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus, wie die 1,80 Meter Abstandsregel und das Maskentragen für Kinder, ohne wissenschaftliche Grundlage nur „erfunden“ wurden.
Für die durch das Verwaltungsgericht vorgenommene Verhältnismäßigkeitsprüfung hätte vor der Corona-Zeit unter einer entsprechenden Examensklausur die Formulierung gestanden: „0 Punkte / ungenügend“. Der Hygieneplan der Schule war für eine Gefahrenabwehr weder geeignet noch erforderlich. Bereits seit 2020 war bekannt, dass Kinder am Infektionsgeschehen nicht teilnahmen. Den Kläger im Urteil auf die Möglichkeit der beamtenrechtlichen Remonstration hinzuweisen, erscheint geradezu grotesk, weil er vor der Missbilligung vergeblich mehrere schulinterne Gespräche mit der Schulleitung gesucht hat.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel reiht sich ein in die lange Liste des Totalversagens der Verwaltungsgerichtsbarkeit während der Corona-Zeit. Es wahrt zwar den Schein objektiver rechtlicher Überprüfung, ist aber im Ergebnis nichts anderes als „Vortäuschung von Rechtsstaatlichkeit“.
Mai 2023: Ein Gericht ignoriert die Realität.
Dreh- und Angelpunkt der Entscheidung ist die folgende Behauptung des Gerichts:
„Jedenfalls Anfang 2021 entsprach die Einhaltung von Mindestabständen (...) dem Stand der Kenntnis wissenschaftlich fundierter Lehrmeinung (...) Die Anordnung der Hygienemaßnahmen (...) orientierte sich stets an den Maßstäben verhältnismäßiger Gefahrenabwehr vor dem Kontext tagesaktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse und überschritt niemals die Schwelle zur Willkür.“
Sag niemals nie. Zugegeben: Das Gericht kannte die RKI-Protokolle damals noch nicht – es hat sie aber auch nicht angefordert, sondern blind einer weisungsgebundenen Behörde statt wissenschaftlichen Erkenntnissen vertraut.
Wie sich ein Verwaltungsgericht dermaßen weit aus dem Fenster lehnt und sich ohne jegliche Überprüfung darauf festlegt, die „Anordnungen“ hätten niemals die Schwelle zur Willkür überschritten, ist mit dem gesetzlichen Auftrag zur Sachverhaltsaufklärung nicht vereinbar. Wie will sich das Gericht seiner Behauptung versichert haben?
Antoni Fauci, ehemaliger medizinischer Berater des amerikanischen Präsidenten, sagte in einer Anhörung:
„Die von den Bundesgesundheitsbehörden den Amerikanern aufgezwungene Empfehlung, einen Abstand von 6 Fuß einzuhalten, war willkürlich und nicht wissenschaftlich fundiert.“
Das Verwaltungsgericht Kassel meint, es jedoch besser zu wissen.
Oder war es für das Gericht schon eine zu große Aufgabe, einen Blick über die Ostsee nach Schweden zu werfen und festzustellen, dass man dort sehr gut ohne jegliche Masken- und Abstandspflichten ausgekommen war? Die Kinder mussten dort weder Masken in den Schulen tragen noch Abstand wahren. Das war kein Geheimnis. Das war bereits damals offenkundig, mit anderen Worten: gerichtsbekannt. Warum hat das Gericht dies einfach ignoriert?
Anders Tegnell, der damalige schwedische Staatsepidemiologe sagte in der Sendung Talk im Hangar:
„Wir sahen ganz klar aus den Daten aus China, Italien und anderen Ländern, dass Kinder fast nie erkrankten und auch von unseren eigenen Daten sahen wir schnell, dass Kinder die Krankheit nicht schnell verbreiteten.“
Diese Erkenntnisse waren bereit früh bekannt. Das Gericht hat diese allerdings selbst im Mai 2023 noch ignoriert. Und dass trotz seiner Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts, §86 VwGO.
Ferner brachte der Kläger durchaus plausible Argumente hervor, u. a. dass das Spiel „Rübenziehen“ den Kindern Spaß macht. Dieser Aspekt scheint für das Gericht keine Rolle zu spielen. Warum? Bezieht es diesen Aspekt etwa nicht in seine Beurteilung ein? Wie will es dann eine rechtlich korrekte Abwägung durchführen, wenn es wichtige Aspekte ausßen vor lässt?
Das Vorbringen des Klägers, asymptomatische Übertragungen bei Kindern spielten keine Rolle, ignoriert das Gericht ebenfalls – obwohl bereits zum damaligen Zeitpunkt bekannt war, dass Kinder am Infektionsgeschehen nicht teilnahmen. Es hat den Anschein, dass es ausreichte, dass über Politik und Ministerien wahrheitswidrig Gegenteiliges behauptet wurde. Warum hat sich das Gericht nicht berufen gefühlt, diesen falschen Behauptungen auf den Zahn zu fühlen, sondern sie unkritisch übernommen? Es ist doch gesetzlich verpflichtet, den Sachverhalt selbst aufzuklären.
Eine Verwaltungsgericht, welches Behauptungen der Regierung unkritisch folgt, verkennt seine Aufgabe und Legitimation in einem Rechtsstaat und erweckt nur den Schein eines rechtsstaatlichen Verfahrens.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Kläger wendet sich gegen eine schulrechtliche Missbilligung.
Der Kläger war verbeamteter Grundschullehrer im Dienst des Beklagten. Er unterrichtete Sport und Musik an der C-Schule in D. Mit Ablauf des Monats November 2022 wurde er wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.
Im März 2021 führte der Kläger im Sportunterricht Übungen durch, bei denen sich die Schüler gegenseitig an die Hände fassen sollten („Rübenziehen“).
Dies wurde am 24. März 2021 durch die Mutter einer Schülerin an die Schulleitung gemeldet. Der Kläger habe das Spiel trotz angemeldeter Bedenken einiger Kinder angeordnet. Deren Sorgen habe er mit dem Hinweis abgetan, die Kinder könnten sich im Anschluss die Hände waschen, falls sie Infektionsangst hätten.
Die Schulleiterin, Frau E., erließ daraufhin am 29. März 2021 eine mündliche Missbilligung gemäß der Dienstordnung für Lehrkräfte (DO), da der Kläger durch den engen Kontakt der Schüler gegen den Hygieneplan der Schule verstoßen habe (Hygieneplan v. 22. Februar 2021 auf Grundlage des Hygieneplans 7.0 des HKM). Nach dieser Bestimmung habe Sportunterricht ausschließlich unter Einhaltung der Mindestabstände durchgeführt werden dürfen.
Der Beklagte beabsichtigte, den Vermerk über die mündliche Missbilligung zur Personalakte des Klägers zu nehmen. Dies sollte jedoch nicht vor dem rechtskräftigen Verfahrensabschluss geschehen.
Der Kläger legte am 22. April 2021 Widerspruch gegen die Missbilligung ein. Diese verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, eine schulinterne Besprechung sei als milderes Mittel vorzuziehen gewesen. Das Spiel „Rübenziehen“ bereite den Kindern großen Spaß. Es sei weder aus pädagogischen noch aus hygienischen Gründen ersichtlich, wieso es nicht gespielt werden dürfe. Die Kinder hielten sich ohnehin nicht an Mindestabstände und träfen sich ohnehin nach dem Unterricht privat, wo sie erst recht keinen Abstand wahren würden. Darüber hinaus sei der Mindestabstand zur Infektionseindämmung ohnehin nicht tragbar, insbesondere bei fehlenden Symptomen. Asymptomatische Übertragungen bei Kindern spielten keine Rolle. Dass gesunde Kinder andere gesunde Kinder anstecken könnten, sei ein absurdes Narrativ. Er verwies dazu auf den Beschluss des AG Weimar vom 8 April 2021, 9 F 148/21. Die Missbilligung sei daher nicht rechtens und aus der Personalakte zu entfernen. Die Unterrichtsgestaltung des Klägers sei keine Dienstpflichtverletzung und kein Fehlverhalten gewesen, sondern kindgerechtes und angemessenes Spiel im Sportunterricht.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2021 zurück. Die Schulleitung sei für die Aussprache der Missbilligung zuständig gewesen. Dies ergebe sich aus §§ 4 Abs. 3 S. 1, 16 Abs. 2 S. 1, 16a Nr. 10 DO. Die Schulleitung sei weisungsberechtigt und übe die Befugnisse des Dienstvorgesetzten über die Lehrkräfte aus. Eine Missbilligung dürfe ausgesprochen werden, wenn objektiv Anlass dazu bestehe. Der Kläger habe die Schüler unstreitig im Sportunterricht aufgefordert, sich an den Händen zu fassen und damit gegen die Vorgaben des Hygieneplanes verstoßen. Dies gebe hinreichenden Anlass zur Missbilligung. Dass die Kinder besonderen Spaß an solchen Übungen hätten, sei im Übrigen unerheblich. Der Kläger habe sich an die schulinternen Vorschriften halten müssen. Der Erlass einer Missbilligung stehe dann im Ermessen des Dienstvorgesetzten. Dieser habe dahingehend ein Entschließungs- und Auswahlermessen. Beides sei durch die Schulleiterin sachgerecht ausgeübt worden. Mit der mündlichen Missbilligung habe sie die mildeste Form der Missbilligung gewählt. Dies sei auch vor dem Hintergrund zu bewerten, dass es bereits zuvor mehrere schulinterne Gespräche zwischen der Schulleitung und dem Kläger gegeben habe. Seit Beginn des Schuljahres habe die Schulleiterin dem Kläger mehrmals erläutert, welche Rahmenbedingungen für den Sportunterricht gelten würden. Diese Gespräche hätten nicht ausgereicht, um dem Kläger zu verdeutlichen, dass er sich an die Anweisungen zu halten habe. Erst nach wiederholten Elternbeschwerden habe die Schulleitung in Absprache mit dem staatlichen Schulamt zur Missbilligung gegriffen. Sie sei demnach insgesamt angemessen zum Schutze der Schülerinnen und Schülern an der Schule des Klägers.
Der Kläger hat am 25. Juni 2021 Klage erhoben. Er wiederholt zunächst Teile seiner Widerspruchsbegründung. Ferner führt er aus, das Spiel „Rübenziehen“ sei weder verboten, noch stelle es ein Dienstvergehen dar. Die Durchführung dieses Kinderspiels mit der Missbilligung zu sanktionieren, stelle eine unverhältnismäßige Maßnahme dar. Eine schulinterne Besprechung sei als milderes Mittel vorzugswürdig gewesen. Im Rahmen dessen hätte der Kläger sein Sportprogramm erläutern können, um befürchtete Gefahren zu entkräften. Außerdem sei die Missbilligung faktisch nicht bloß mündlich ergangen, sondern habe auch schriftlichen Niederschlag in der Personalakte gefunden.
Der Kläger hält an seiner Auffassung fest, dass mit den Hygienevorschriften offensichtlich kindliche Freude verboten werden solle. Es fehle für diese Vorschriften schon am legitimen Zweck. Der Mindestabstand sei bereits ungeeignet, eine Infektion abzuwenden. Dazu verweist er auf ein Gutachten der Medizinerin Prof. Dr. F. Ein Rundumabstand sei danach jedenfalls nicht entscheidend wirksam, sondern schade insbesondere Kindern mehr, als er nutze. Es sei mittlerweile nachgewiesen, dass an Schulen ein äußerst geringes Infektionsgeschehen zu beobachten gewesen sei. Dazu beruft er sich auf Prof. Dr. G., dessen Gutachten „Die Nebenwirkung und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 an Schulen – Ein Thesenpapier“ er mitübersendet. Die Abstandsregeln seien danach fragwürdig und die Missbilligung rechtswidrig. Im Übrigen sei nun zwei Jahre lang nichts passiert, die Sache sei daher nach Sinn und Zweck der zweijährigen Aufbewahrungsfrist für solche Aktenvermerke erledigt.
Der Kläger beantragt,
die mündlich gegenüber dem Kläger am 29. März 2021 ausgesprochene Missbilligung durch die Schulleiterin der C-Schule in D. in Gestalt des Widerspruchsbescheides des staatlichen Schulamtes für den Landkreis Kassel vom 26. Mai 2021 (zugestellt am 28. Mai 2021) aufzuheben und
dem Beklagten zu untersagen, die Missbilligung in die Personalakte des Klägers zu nehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich vollumfänglich auf seinen Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt er vor, trotz des Zeitablaufes bestehe Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung. Es werde weiterhin beabsichtigt, den Vermerk zur Akte zu nehmen. Der Kläger sei zwar im Ruhestand, könne aber auf eine demnächst anstehende Nachuntersuchung hin gegebenenfalls wieder in den Dienst eintreten. Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei der Zeitpunkt des Erlasses der Missbilligung maßgebend.
Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Gerichtsakte sowie drei Hefter Verwaltungsvorgang des Beklagten (zwei Hefter Personalakte, ein Sachvorgang).
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit der Entscheidung der Sache durch den Berichterstatter erteilt. Der Kläger hat dies mit Schriftsatz vom 29. Juni 2021 erklärt, der Beklagte mit Schriftsatz vom 30. Juni 2021.
Im Einvernehmen mit den Beteiligten konnte das Gericht in der Sache durch den Berichterstatter entscheiden, § 87a Abs. 2, 3 VwGO.
Zuständig für die Entscheidung in diesem Verwaltungsstreitverfahren ist nicht das Verwaltungsgericht Wiesbaden – Disziplinarkammer – sondern die Beamtenkammer des Verwaltungsgerichts Kassel. Dies ergibt sich aus § 50 S. 5 HDG. Dieser regelt, dass die Disziplinargerichte auch für den Rechtsschutz gegen schriftliche missbilligende Äußerungen zuständig sind. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass für mündliche Missbilligungen die allgemeinen Regelungen gelten, vorliegend also § 54 Abs. 1 BeamtStG, wonach bei Klagen von Beamten die Verwaltungsgerichte zuständig sind. Örtlich zuständig zur Entscheidung dieses Verfahrens ist das Verwaltungsgericht Kassel gemäß § 52 Nr. 4 S.1 VwGO.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der erste Antrag des Klägers ist zwar zulässig als Anfechtungsklage. Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren, vgl. § 88 VwGO. Der Kläger wendet sich gegen eine qualifizierte Missbilligung. Da diese als Verwaltungsakt einzustufen ist, lässt sie sich im Wege der Anfechtungsklage angreifen. Eine dienstrechtliche Missbilligung ist stets als Verwaltungsakt im Sinne des § 35 S. 1 HVwVfG einzuordnen, wenn sie den qualifizierten Vorwurf eines Dienstvergehens beinhaltet (Urban/Wittkowski/Urban, BDG, 2. Aufl. 2017, § 6 Rn. 7; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Oktober 1994 - 2 A 10721/94). Die vorliegende Missbilligung ist dergestalt qualifiziert. Sie hatte ein Dienstvergehen gem. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 35 Abs. 1 S. 2 BeamtStG zum Gegenstand. Dies erfordert die schuldhafte Verletzung einer Dienstpflicht, hier der Nichtbefolgung allgemeiner Richtlinien und dienstlicher Anordnungen. Die unstreitige eigenmächtige Abweichung des Klägers in seiner Unterrichtsführung von dem schuleigenen Hygieneplan vom 22. Februar 2021 der C-Schule, welcher auf Grundlage des Hygieneplans 7.0 des Hessischen Kultusministeriums ergangen war, stellte sich als solche Verletzung dar. Die dortige Anordnung unter Ziff. 6 (Sportunterricht), die Hallensportunterricht ausschließlich unter Einhaltung des Mindestabstandes gestattete, missachtete der Kläger auch schuldhaft, indem er die Schüler aufforderte, sich zum sog. Rübenziehen an den Händen zu fassen, obwohl ihm bereits in mehreren Gesprächen von der Schulleitung verdeutlicht wurde, dass dies regelwidrig sei.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Die ausgesprochene Missbilligung ist nämlich rechtmäßig ergangen und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Der Beamte muss eine rechtmäßige missbilligende Äußerung infolge der ihm aufgrund des Beamtenverhältnisses obliegenden Treue- und Folgepflicht hinnehmen (OVG Lüneburg, Urteil vom 22. Januar 2013 – 5 LB 227/11, BeckRS 2013, 46201; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Februar 2023 – 6 A 3495/20).
Die gerichtliche Überprüfung einer Missbilligung ist nach einhelliger Rechtsprechung darauf beschränkt, ob eine Dienstpflichtverletzung – von welchem Gewicht auch immer – vorliegt. Denn der Erlass einer Missbilligung stellt eine Ermessensentscheidung dar, die gerichtlich nur eingeschränkt, nämlich dahin überprüfbar ist, ob der gesetzliche Rahmen verkannt, ob ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt wurden (vgl. z.B. VG Münster, Urteil vom 16. Oktober 2009 - 4 K 1765/08, VG Kassel, Urteil vom 16. Juni 2015, 1 K 1932/14.KS).
Der Beklagte hat die Missbilligung zurecht auf § 16 Nr. 10 der Hessischen Dienstordnung für Lehrkräfte, Schulleiterinnen und Schulleiter und sozialpädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (DO) gestützt. Eine solche erzieherische, selbst die geringen nachteiligen Wirkungen eines (disziplinarischen) Verweises vermeidende Maßnahme benötigt keine formelle Rechtsgrundlage im Sinne eines Parlamentsgesetzes, sondern ist im allgemeinen beamtenrechtlichen Über- und Unterordnungsverhältnis begründet, also in der Befugnis des Dienstherrn, auf die reibungslose und fehlerfreie Erledigung der Dienstgeschäfte hinzuwirken (Urban/Wittkowski/Urban, BDG, 2. Aufl. 2017, § 6 Rn. 7 m. w. N.; OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2013, 652, 655).
Zuständig war die Schulleiterin der C-Schule als Dienstvorgesetzte des Klägers. Sie hat dem Kläger im Vorfeld der Maßnahme auch hinreichende Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, ihn also gem. § 28 Abs. 1 HVwVfG angehört. Insbesondere gingen ihrem Einschreiten mehrere gütliche Gespräche voraus, in denen der Kläger die Möglichkeit hatte, seine Auffassung darzulegen.
Auch in materieller Hinsicht ist die mündliche Missbilligung nicht zu beanstanden.
Voraussetzung einer Missbilligung ist ein objektiver Anlass, sich etwa zurechtweisend, ermahnend oder rügend über die Lehrkraft zu äußern. Sie unterscheidet sich von allgemein negativen dienstlichen Beurteilungen oder Einschätzungen dadurch, dass ihr ein konkret missbilligter Sachverhalt zugrunde liegt (Urban/Wittkowski/Urban, BDG, 2. Aufl. 2017, § 6 Rn. 7). Der Dienstherr ist anhand des Instruments der Missbilligung berechtigt und gegebenenfalls nach den Umständen des Einzelfalls sogar verpflichtet, auf die reibungslose und fehlerfreie Erledigung der Dienstgeschäfte hinzuwirken und erforderlichenfalls kritisch-missbilligend gegen unterstellte Beamte einzuschreiten (OVG Münster, Beschluss vom 10. Februar 2023 – 6 A 3495/20, BeckRS 2023, 2301 Rn. 9; OVG Lüneburg, Urteil vom 22. Januar 2013 – 5 LB 227/11, BeckRS 2013, 46201).
Ein solcher Anlass lag hier in dem eingangs bereits festgestellten Dienstvergehen des Klägers durch Missachtung der Hygienevorschriften im Sportunterricht.
Der Kläger wendet sich ohne Erfolg gegen die das Dienstvergehen begründenden Vorschriften.
Ob die Anordnungen der damals geltenden Hygienepläne hinsichtlich des Mindestabstandes einer nachträglichen rechtlichen Überprüfung standhalten, kann dahinstehen. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit der Missbilligung ist – wie bei Anfechtungsklagen im Regelfall – deren Erlass (NK-VwGO/Wolff, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 97; Schoch/Schneider/Riese, VwGO, 43. EL August 2022, § 113 Rn. 239). Ausschlaggebend ist folglich der Rechts- und Erkenntnisstand zum Erlasszeitpunkt. Jedenfalls Anfang 2021 entsprach die Einhaltung von Mindestabständen auch und insbesondere im Schulbetrieb neben zahlreichen anderen Vorkehrungen dem Stand der Kenntnis wissenschaftlich-fundierter Lehrmeinung (S3-Leitlinie, RKI u. a.: Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen, Kurzfassung Version v. 21. September 2022, S. 15 [Konsensbasierte Empfehlung für Sportunterricht: Abstand, Hygiene, Lüften], abrufbar über https://register.awmf.org/assets/guidelines/027-076k_Praevention_und_Kontrolle_SARS-CoV-2-Uebertragung_in_Schulen_2022-11.pdf, zuletzt abgerufen am 27. Juni 2023). Die Anordnung der Hygienemaßnahmen – wenngleich sich einige von ihnen im Nachhinein als nicht erforderlich erwiesen haben mögen – orientierte sich stets an den Maßstäben verhältnismäßiger Gefahrenabwehr vor dem Kontext tagesaktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse und überschritt niemals die Schwelle zur Willkür. Der Kläger hatte mithin wie üblich gem. § 4 Abs. 3 DO geltende Rechts- und Verwaltungsvorschriften und Anordnungen der Schulaufsichtsbehörden zu beachten und war an Weisungen der Schulleiterin und die Beschlüsse der Schulkonferenz und der Lehrerkonferenzen gebunden. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Anwendung von Dienstvorschriften war der Kläger wie jeder Beamte auf den Dienstweg verwiesen, er hätte gem. § 104 HBG i. V. m. § 36 Abs. 3 BeamtStG remonstrieren können. Bei rechtlichen Bedenken wäre er dazu sogar verpflichtet gewesen. Eine pflichtentbindende Ausnahmesituation nach § 36 Abs. 2 S. 4 BeamtStG lag nicht vor. Die Abweichung von Vorschriften trotz ausdrücklicher Erinnerung durch die unmittelbare Vorgesetzte des Klägers stellte vorliegend unter dienstrechtlichen Gesichtspunkten jedenfalls kein in Frage kommendes Vorgehen dar.
Soweit der Kläger sich auf den Beschluss des AG Weimar vom 8 April 2021 (9 F 148/21) bezieht, sei darauf hingewiesen, dass dieser Beschluss mittlerweile aufgehoben wurde (OLG Jena, Beschluss vom 14.05.2021, 1 UF 136/21; dazu auch BayVGH, Beschluss vom 16.04.2021, 10 CS 21.1113: „ausbrechender Rechtsakt“). Gegen den dortig erkennenden Richter hat das LG Erfurt nunmehr das Hauptverfahren wegen Rechtsbeugung eröffnet.
Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Nr. 10 DO mithin gegeben, so liegt es im Ermessen des Beklagten, ob und welche Maßnahmen er ergreift. Die Norm räumt sowohl Entschließungs- als auch Auswahlermessen hinsichtlich der Art der Missbilligung ein. Die Ermessensentscheidung des Beklagten kann das Gericht nur eingeschränkt überprüfen, und zwar dahingehend, ob er die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens eingehalten und von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, § 114 VwGO. Hiernach ist ein Ermessensfehler des Beklagten nicht ersichtlich.
Die Gesichtspunkte, auf die der Bescheid gestützt wurde, sind ihrer Art nach sachgerecht, insbesondere diente das Einschreiten der Schulleitung der niedrigschwelligen Disziplinierung des Klägers zum Zwecke der reibungslosen Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes. Die Grenzen ihres Ermessens hat die Schulleiterin ebenso eingehalten. Mit der mündlichen Missbilligung blieb sie sogar hinter ihrer Möglichkeit zurück, nach mehreren erfolglosen Warnungen zu einer schriftlichen Missbilligung oder gar einem disziplinarrechtlichen Mittel zu greifen.
Die Maßnahme war auch im Übrigen verhältnismäßig. Sie diente dem legitimen Zweck, den Kläger im Zeichen der Gesundheit der Schüler und der Aufrechterhaltung des Schulbetriebes zu disziplinieren. Sie war als Vorstufe zum Disziplinarverfahren, gleichsam mahnend, dazu geeignet, den Kläger dazu anzuhalten. Ein milderes Mittel war in Anbetracht mehrerer fruchtloser schulinterner Gespräche zwischen der Schulleitung und dem Kläger nicht ersichtlich. Vielmehr stellte die mündliche Missbilligung nach wiederholten Elternbeschwerden sogar selbst das mildere Mittel gegenüber einer schriftlichen Missbilligung oder einem disziplinarrechtlichen Einschreiten dar. Im Übrigen ist auch weiterhin klar zwischen mündlicher und schriftlicher Missbilligung zu differenzieren. Wenn der Kläger meint, der Vermerk über die mündliche Aussprache der Missbilligung komme einer schriftlichen Maßnahme gleich, verkennt er den alleinigen Dokumentationszweck der Niederschrift. Im Falle weiterer Auffälligkeiten binnen der Aufbewahrungsfrist hat der Dienstherr stets ein berechtigtes Interesse an der Heranziehung von Vermerken über ähnliche Vorfälle zur Vorbereitung eines etwaigen Disziplinarverfahrens. Schließlich fällt auch die umfassende Gesamtabwägung für die ergriffene Maßnahme aus. Die Schulleitung hatte das klägerische Interesse an dienstlicher Unbescholtenheit einerseits und den vorschriftsgemäßen Unterrichtsbetrieb andererseits zu berücksichtigen. Dabei durfte sie zuvörderst auf der Einhaltung geltender Erlasse und Anordnungen bestehen. Verstöße gegen die Richtlinien übergeordneter Behörden im Unterricht muss und darf die Schulleitung grundsätzlich nicht hinnehmen. Jenseits persönlicher Ansichten und Vorlieben im Kollegium ist es ihre Aufgabe, den vorschriftsgemäßen Dienstbetrieb sicherzustellen. Bedenken gegen die Richtigkeit ministerialer Anordnungen sind auf dem Dienstwege zu stellen. Gegen eigenmächtige Zuwiderhandlungen darf ohne Weiteres eingeschritten werden. Die Schulleitung tat dies im Lichte des Gesundheitsschutzes nicht nur der Schüler, sondern auch deren Familien sowie des Kollegiums der C-Schule. Die Hygienevorschriften, die mittels der Missbilligung durchgesetzt werden sollten, dienten nicht nur der individuellen körperlichen Unversehrtheit der Schülerschaft, sondern auch der Hemmung eines dynamischen Infektionsgeschehens an der Schule, welches rasch weite Kreise auch über die Schule hinaus hätte ziehen können.
Zuletzt steht der Aufnahme des Vermerks in die Akte auch nicht der Zeitablauf seit der Missbilligung entgegen, die Aufbewahrungsfrist ist nicht bereits abgelaufen. Für den Beamten ungünstige Behauptungen oder Bewertungen sind zwar gem. § 91 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HBG auf dessen Antrag hin nach zwei Jahren aus der Personalakte zu entfernen. Für den Fristbeginn ist derweil auf die tatsächliche Aufnahme der Unterlagen in die Personalakte abzustellen, nicht etwa auf das zugrundeliegende Ereignis (BeckOK BeamtenR Hessen/Schild, 22. Ed. 1.3.2023, HBG § 91 Rn. 8; so auch die dementsprechende Parallelregelung § 16 Abs. 2 S. 1 HDG bei Disziplinarvorgängen; Herrmann/Sandkuhl Beamten-DisziplinarR- und StrafR, Teil II. Rn. 249; andere Ansicht: VG Wiesbaden, Urteil vom 26.06.2018 - 28 K 438/16.WI.D, BeckRS 2018, 46044 Rn. 46 ff.). Dieses Ergebnis lässt sich auch mit Blick auf die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage des Klägers begründen (§ 80 Abs. 1 S. 1 VwGO). Der Beklagte hat vor dem Hintergrund des Suspensiveffektes bisher zurecht davon abgesehen, den Vermerk über die Missbilligung zur Akte zu nehmen. Seine Rechtstreue darf ihm nun nicht dergestalt zum Nachteil gereichen, dass die Aufbewahrungsfrist trotz schwebender Rechtslage abliefe. Solange die Missbilligung bei dem Beklagten nicht aktenkundig ist, kommt insofern kein Fristablauf in Betracht.
Der zweite Antrag des Klägers, dem Beklagten die Aufnahme des Vermerkes in die Personalakte zu untersagen, könnte zwar zulässigerweise gem. § 44 VwGO gehäuft werden. Er bleibt jedoch vor dem Hintergrund der festgestellten Rechtmäßigkeit der Missbilligung ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz. Der Sach- und Streitstand bietet für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, daher war der Auffangstreitwert in Ansatz zu bringen.